Der Digitalpakt zwischen Bund und Ländern sollte bereits im Januar 2019 starten. Der Bund will fünf Milliarden Euro für die Ausstattung der Schulen ausgeben. Da Bildung bislang allein Sache der Länder ist, wurde der Pakt an eine Grundgesetzänderung geknüpft. Sie sieht vor, das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern aufzulockern. Alle 16 Bundesländer haben gegen den konkreten Gesetzentwurf gestimmt, unter anderem deshalb, weil Länder und Bund für gemeinsame Projekte jeweils die Hälfte des zu investierenden Geldes aufbringen müssten. Ein Vermittlungsverfahren zwischen Bundesrat und Bundestag startet am Mittwoch. Im Interview erklärt Bardo Herzig, Professor für Schul- und Medienpädagogik, wann digitale Medien ein Gewinn für Schüler sind – und dass es sinnvoll ist, selbst programmieren zu lernen.

ZEIT ONLINE: Herr Herzig, was kann der Digitalpakt den Schulen bringen?

Bardo Herzig: Der Digitalpakt zielt darauf, eine zeitgemäße Bildung in der digitalen Welt möglich zu machen. Das Geld kann beispielsweise in schnelle Internetanbindungen und IT-Systeme investiert werden oder auch in Cloud-Lösungen für Schulen. Nicht gefördert werden etwa Personalmaßnahmen wie Fortbildungen oder die Wartung von Systemen.

ZEIT ONLINE: Das heißt, es gibt Tablets für alle?

Herzig: Nein, das ist nicht das generelle Ziel. Zum einen ist der Digitalpakt kein Förderprogramm für mobile Endgeräte. Solche Fälle sind auf einen bestimmten Anteil der Fördermittel begrenzt. Ob Tablets – unabhängig vom Digitalpakt – angeschafft oder auch eigene Geräte der Schüler genutzt werden, muss jede Schule selbst entscheiden. Letztlich sollte es darum gehen, dass Kinder und Jugendliche, unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen, Zugang zum Lernen mit digitalen Medien erhalten. 

ZEIT ONLINE: Oft wird die vorhandene digitale Technik nur sporadisch eingesetzt: Schülerinnen schauen einen Film auf dem Smartboard oder zeigen eine Powerpoint-Präsentation. Selten drehen sie einen Film mit ihren Handys. Brauchen Lehrkräfte nicht auch Vorgaben, was sie damit machen sollen? 

Herzig: Die Kultusministerkonferenz hat sich Ende 2016 auf ein verbindliches Rahmenkonzept geeinigt, in dem die medienbezogenen Kompetenzen formuliert sind, die Schüler bis zum Ende ihrer Pflichtschulzeit erwerben sollen. Dabei geht es zum Beispiel um die Recherche nach Informationen, ihre Analyse und Bewertung, um die Nutzung von Medien zur Kommunikation oder um die eigene Gestaltung von Medien. Die einzelnen Bundesländer richten ihre landesspezifischen Konzepte an diesem Rahmen aus. Vor diesem Hintergrund können Lehrkräfte beziehungsweise Schulen selbst entscheiden, wie sie digitale und auch analoge Medien einsetzen wollen – etwa in Form eines eigenes Medienkonzepts.

ZEIT ONLINE: Worauf kommt es dabei an?

Herzig: Zum einen geht es darum, im Kollegium ein Leitbild in Bezug auf Medien zu erarbeiten und sich auf medienpädagogische Ziele zu verständigen. Eine Bestandsaufnahme hilft, einen Überblick über bereits bestehende medienbezogene Aktivitäten und vorhandene Infrastruktur zu gewinnen. Unterricht, Infrastruktur und Fortbildungen müssen schließlich darauf ausgerichtet werden, welche spezifischen Fähigkeiten Schülerinnen und Lehrkräfte mitbringen. Das Medienkonzept sollte letztlich sicherstellen, dass Schüler in verschiedenen Unterrichtsfächern sowohl mit Medien als auch etwas über Medien lernen. Die Ziele und Maßnahmen des Medienkonzepts müssen allerdings von Zeit zu Zeit überprüft und an neue Entwicklungen angepasst werden.

ZEIT ONLINE: Lehrkräfte werden also durch die digitale Technik offensichtlich nicht überflüssig, sondern gefordert, oder?

Herzig: Auf jeden Fall. Dass Lehrkräfte durch digitale Technologien ersetzt werden, ist meines Erachtens nicht zu befürchten. Damit digitale Medien etwa zur individuellen Förderung eingesetzt werden können, muss die Lehrkraft einschätzen, welches Medienangebot den Lernprozess des einzelnen Kindes oder Jugendlichen mit seinen Fähigkeiten unterstützen kann. Dabei werden in Zukunft sicherlich digitale Technologien aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz Unterstützung bieten. Lernen ist und bleibt aber ein sozialer Prozess. Für Lehrkräfte bedeutet dies natürlich auch, dass sie digitale Medien, die infrage kommen, überhaupt kennen und einschätzen können müssen.