In unserer Reihe Aus der Schule schreiben Schüler*innen für ze.tt, was sie in ihrem Alltag bewegt.

Inzwischen gibt es iPad-Klassen, Schulen werden mit Smartboards ausgestattet und so gut wie jede*r hat mit dem Smartphone ein digitales Lernequipment in der Tasche – trotzdem gibt es in der Schule vor allem noch Frontalunterricht: Ein*e Lehrer*in hält lange Monologe, während die Schüler*innen inaktiv auf ihren Plätzen hocken und sich zunehmend langweilen. Selbst in den naturwissenschaftlichen Fächern wie Biologie, Chemie und Physik, in denen eigentlich viel experimentiert werden könnte, sitzen die Schüler*innen meiner Erfahrung nach oft teilnahmslos da, anstatt Experimente durchzuführen.

Laut des australischen Erziehungswissenschaftler John Hattie ist der Faktor "Langeweile" (von 250 Faktoren) der zweitschädlichste Verhinderer beim Lernen. Das bedeutet: Langeweile sorgt letztendlich für schlechte Noten. Damit Schüler*innen wieder geistig und mit Elan am Unterricht teilnehmen, müsste Lernen also anregender und selbstaktiv gestaltet werden. Nur wie? Nach Gesprächen mit anderen Schüler*innen habe ich ein paar Beispiele für spannende Unterrichtsgestaltung zusammengetragen.

Anwendungsbeispiele finden und rausgehen

Eine Schülerin erzählte mir von einer Methode, mit der eine Lehrerin ihre Klasse für Mathe begeisterte. Statt an der Tafel die Größe von Flächen zu errechnen, verlegte die Mathelehrerin den Unterricht nach draußen auf den Schulhof. "Wir sind über den Parkplatz gelaufen und mussten Geraden und Winkel messen, um herauszufinden, wie groß er ist", berichtete mir die Schülerin. Frische Luft, ein bisschen Bewegung, ein konkretes Ziel – und schon waren die Schüler*innen begeistert.

Lernspiele und Apps

Es gibt eine Vielzahl von PC-Lernspielen und Apps, bei denen die Schüler*innen selbst die Gestaltenden sind. Die Lehrkräfte sind dabei nur Lernbegleiter*innen, die Tipps geben oder mit Rat zur Seite stehen. Vorschläge für Tools, mit denen sich der Unterricht aufwerten lässt, hat beispielsweise der Lehrer Andreas Oswald in einem E-Book gesammelt und übersichtlich aufbereitet.

Rollenspiele

Einige Lehrer*innen unserer Schule haben im Englischunterricht kleine Rollenspiele mit den Schüler*innen gespielt. Dabei teilt der*die Lehrende Texte aus, in denen fiktive Personen und Dialoge beschrieben sind. Darin geht es zum Beispiel um Schüler*innen, die sich über Urlaub, Lebensziele oder Alltägliches unterhalten. Zwei bis drei Schüler*innen spielen die Unterhaltung gemeinsam nach –  fünf bis zehn Minuten lang. Oft ist es so, dass ein*e Schüler*in etwas auf Deutsch sagt, der*die Zweite muss das ins Englische übersetzen und der*die dritte Schüler*in antwortet wiederum auf Englisch. Auf diese Weise lernen Schüler*innen, die Sprache im Alltag anzuwenden.

Mehr diskutieren

Auch der klassische Frontalunterricht könnte an Langeweile verlieren, wenn Schüler*innen mit ihren Lehrer*innen ständig im Dialog stehen würden, also mehr miteinander diskutieren, anstatt Vorträge zu hören. Das müssen natürlich Gesprächsthemen sein, für die sich Schüler*innen interessieren. Die spannendste Diskussion in meiner Schullaufbahn gab es, als unser Philosophielehrer mit uns über gute und schlechte Computerspiele diskutierte.

Ausflüge

Zudem sind Ausflüge zu außerschulischen Lernorten super, wenn sie interessant gestaltet sind. Eine Schülerin berichtete mir: "Gerade waren wir in der Freien Schauspielschule Hamburg. Die ist im Obergeschoss des alten Bunkers auf Sankt Pauli." Dort konnten die Schüler*innen unter anderem die Bühne und den Requisitenraum erkunden und erfuhren über den Ablauf einer Theaterproduktion alles aus erster Hand. "Wir saßen dort mitten in einem Raum auf Holzbänken an Tischen, das war die Bühne. Eine Abschlussklasse der Schauspielschule spielte um uns herum, auch auf den Tischen, und bezogen uns Zuschauer mit ein." Organisiert wurde der Ausflug von unseren Gestalten-Lehrerinnen. Ihr Ziel war es, den Schüler*innen das wahre Leben und den Alltag von Schauspieler*innen zu zeigen. "Mir gefiel besonders gut, dass ich einen außergewöhnlichen Ort sowie besondere Menschen dort kennengelernt habe", erzählte mir die Schülerin. "Außerdem war es natürlich eine coole Abwechslung – vor allem auch, weil die Lehrerinnen endlich mal total gelassen waren und uns Blödsinn erlaubt haben."

Erlebnisse prägen sich manchmal ein Leben lang ein. Wer etwas sieht, hört, selbst macht, vielleicht sogar schmeckt und vor allem fühlt, erinnert sich länger an Erlebnisse – auch an Erlerntes. Je erlebnisreicher der Unterricht ist, desto wahrscheinlicher wird also auch Erlerntes abgespeichert. Daran sollten sich alle Lehrer*innen immer wieder erinnern, wenn sie die nächste Stunde vorbereiten.