Forderung

Schule braucht starke Lehrer und gesunde Kinder

Schule kann Kinder und Jugendliche stark belasten und krank machen. „Unter Experten ist diese Erkenntnis unstrittig“, erklärt die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Simone Fleischmann, anlässlich des Welttages der Seelischen Gesundheit am 10. Oktober.

09.10.2019 Bayern Pressemeldung Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) e.V.
  • © www.pixabay.de

„Psychische Auffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter nehmen zu, ihr Anteil liegt bei über 20%. Darauf müssen wir reagieren.“ Es gelte, die psychische Verfassung von Heranwachsenden, die Gefahren von Mobbing und Schulstress stärker in den Blick zu nehmen und Schulen so auszustatten, dass rechtzeitig und mit professioneller Unterstützung interveniert werden kann. Grundsätzlich müssten Schulen zu Orten werden, in denen alle Beteiligten, insbesondere auch die Lehrerinnen und Lehrer, Bedingungen vorfinden, in denen sie bestmöglich arbeiten können. „Die Anzahl der Kolleginnen und Kollegen mit psychischen Erkrankungen ist ebenso besorgniserregend hoch. Das ist ein deutliches Signal dafür, dass die Arbeitsbelastung auf vielen Ebenen deutlich zugenommen hat. Insbesondere in Zeiten des Lehrermangels wächst der Druck auf das bestehende Personal“, stellt die BLLV-Präsidentin fest.

Viele Lehrerinnen und Lehrer überschreiten ihre Belastungsgrenze dauerhaft und werden krank. Gleichzeitig wachsen die Herausforderungen, die an Schulen gestellt werden. „Die Zeiten, in denen  Lehrkräfte nur noch unterrichten, sind längst vorbei. Es gibt Kinder, die brauchen sie von der Spitze des Haares bis zum kleinen Zeh“, so Fleischmann. Lehrerinnen und Lehrer würden diese vielfältigen Aufgaben gerne erfüllen, doch dafür bräuchten sie entsprechende Rahmenbedingungen und vor allem die dafür nötige Zeit.

„Wenn eine Lehrkraft spürt, dass es einem Kind nicht gut geht, weiß sie, dass hier eine grundlegende Analyse gefragt ist. Die Lehrerinnen und Lehrer stoßen hier aber an Grenzen, allein schon wegen der Klassengrößen. Bei 26 Kindern etwa, von denen jedes anders ist, etwas anderes braucht, ist es fraglich, inwieweit Lehrkräfte für jedes Kind in diese Analyse gehen können“, so die BLLV-Präsidentin.

Daher bekräftigt der BLLV seine Forderung nach multiprofessionellen Teams im Unterricht und mehr Beratungslehrern, Schulpsychologen und Sozialarbeitern an Schulen.

Häufig würden Leistungsstress und sozialer Stress zusammenhängen. „Kinder, die in der Schule gemobbt oder ausgegrenzt werden, reagieren oft mit schlechten Leistungen, weil u.a. auch ihre Konzentrationsfähigkeit stark abnimmt“, so Fleischmann. Es gebe aber auch viele Kinder, die sich vom Lernpensum und vom Leistungsdruck überfordert fühlten.


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Ein Kommentar vorhanden

  • 09.10.2019 09:38 Uhr
    Der Freistaat Bayern müsste nur endlich damit anfangen, die UN-Behindertenrechtskonvention Artikel 24 umzusetzen, denn dann würden alle Schüler*und Schülerinnen individuelle Förderung erhalten können, sogar die bisher vergessenen hochbegabten Schüler und Schülerinnen.

    Bisher gibt es nur die Form der Einzelintegration. Das hat mit hochwertiger inklusiver Schulbildung aber nichts zu tun. Die Begriffe Inklusion und Integration werden häufig zusammen verwendet. Doch Integration ist nicht bedeutungsgleich mit Inklusion und ist auch keine Vorstufe der Inklusion. Integration unterscheidet zwischen Menschen mit Behinderung und Menschen ohne Behinderung und meint lediglich die Eingliederung von Menschen mit Behinderung in eine ansonsten gleichbleibende, unveränderte Umgebung. Diese Kinder erhalten dann zwar einen Nachteilsausgleich und oder Notenschutz und viel zu wenige segregierende (trennen, absondern, abspalten) Förderstunden außerhalb des Klassenverbundes, aber das ist nun einmal Integration.

    Inklusion geht von der Besonderheit und den Bedürfnissen eines jeden einzelnen Menschen aus und meint die Anpassung der Umgebung an dessen individuellen Voraussetzungen. Das bedeutet, dass die Umgebung grundsätzlich barrierefrei gestaltet sein muss, damit alle Menschen – ob mit oder ohne Behinderung oder chronischen Erkrankungen – ein Wahlrecht hinsichtlich der Art und Form der von ihnen benötigten Unterstützung haben. Doch dafür benötigt die Bildung die inklusive Pädagogik. Die inklusive Pädagogik ermutigt Kinder und Erwachsene, Vorurteile, Diskriminierung und Benachteiligung kritisch zu hinterfragen. Dies bedeutet, sowohl den Gemeinsamkeiten und Stärken von Kindern Aufmerksamkeit zu schenken und wertzuschätzen. Der Unterricht ist so gestaltet, dass er allen Lerntypen gerecht wird und unterschiedliche Sozialformen sich abwechseln. Alle lernen in einem Klassenraum. Auf Ausgrenzung jeder Form wird reagiert und diskriminierende Äußerungen werden nicht kommentarlos hingenommen. Lehrkräfte wissen wie Ausgrenzung funktioniert und wie man die Identität aller Kinder fördert – nicht nur die der nichtbehinderten Kinder. Inklusive Pädagogik führt dazu, dass die Bildung so gestaltet wird, dass alle Kinder gleichberechtigt teilhaben können und die Unterschiede gesehen und wertgeschätzt werden.
    Es geht keinesfalls um Gleichmacherei, sondern um gleiche Rechte. Jedes Kind hat das Recht auf hochwertige inklusive Bildung und die notwendige Unterstützung, die es zur Teilhabe benötigt.

    Das Leitbild der UN-Behindertenrechtskonvention ist die Inklusion nicht die Integration. Dafür müssen aber die Schulgesetze UN-Behindertenrechtskonform abgeändert werden. Unser bayerisches Schulsystem befindet sich kurz vor dem Kollaps, nur traut sich keiner der Politiker das offen auszusprechen. Überlastete Lehrer und Lehrerinnen, Schüler und Schülerinnen die durch den hohen Druck der vollgestopften Lehrpläne bereits beim Grundschulabitur der 2. Klasse Angst vor dem nächsten Schultag haben. So werden mittlerweile sogar Kinder in der Grundschule ohne Förderbedarf auf Förderschulen abgeschult, die nur etwas langsam sind oder zu früh mit 6 eingeschult wurden (zum Glück wurde dies nun geändert). Manche Kinder müssen sogar "freiwillig wiederholen" um den aktuellen Lehrstoff folgen zu können, wenn sie z.B. wegen Krankheit öfters fehlten. Wir brauchen individuelle Lehrpläne, um den Frontalunterricht beenden zu können und so das Potenzial jeden Kindes ernst zu nehmen, da wir Menschen verschieden sind und individuell lernen. Dann würde es auch mit der Inklusion besser funktionieren.

    Dafür müssten die Klassen aller Schulformen verkleinert werden. Das kostet natürlich., aber mittlerweile befinden sich selbst an den Förderschulen manchmal 18 Kinder in einer Klasse. Ich ging in eine Klasse mit 16 Kindern und das war wunderbar. Jeder konnte dort individuell gefördert werden. Es war eine wunderschöne Schulzeit. Mein Mann mußte in einer Klasse lernen mit über 30 Kindern. Er sagt, dass sei die Hölle gewesen und bis heute hat sich an der hohen Schülerzahl auf der weiterführende Schule nichts verändert.

    An unseren Schulen fehlen Lehrer. Die Ausfallzeiten sind enorm und dann sollen die Kinder aber trotzdem die Leistung liefern. Ja das Ministerium sagt etwas anderes. Vor jeder Klasse steht ein Lehrer. Das sagt aber nichts über die Ausfallzeiten aus. Bitte liebe Eltern führt eine Art Ausfallzeitentagebuch Eurer Kinder. Wir können dies gerne beim Ministerium dann einreichen, da diese sicher keine unabhängige Studie z.B: von der Bertelsmann Stiftung durchführen wollen, wie viele Stunden wegen Lehrermangel tatsächlich ausfallen, wenn Lehrer krank werden oder Nachwuchs erwarten. Von der oft fehlenden Sekretärin der Schulen wollen wir hier gar nicht sprechen. Eltern die es sich leisten können, bevorzugen deshalb seit Jahren die Privatschulen.

    Das hat alles nichts mit hochwertiger, individueller und inklusiver Schulbildung zu tun.
    Bitte beachten Sie daher unsere aktuelle Beschwerde an den Deutschen Bundestag.
    Diese ist auf unserer Internetseite abrufbar.

    Susann Dohm
    Botschafterin für inklusive Schulbildung
    Deutscher Verband inklusiver Schulentwicklung i.G.
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