Corona: Stimmen unserer Kaffeepartner

Was die Pandemie
für Kaffee-Kleinbauern bedeutet

Auch unsere Kaffeepartner in Lateinamerika schreiben uns über die Auswirkungen der Pandemie. Wie Kleber Cruz Garcia, GEPA-Einkaufsmanager für Kaffee, vielen Rückmeldungen entnehmen konnte, ist die Lage sehr beunruhigend. Viele Genossenschaften befürchten, dass die soziale Situation außer Kontrolle gerät, wenn die Ausgangssperre und Quarantäne verlängert werden. Denn das wird die Kaffee-Ernte massiv beeinträchtigen. (Die Rückmeldungen stammen von Ende März 2020).

Wir sind dabei, die Situation zu beobachten und zu bewerten und werden Sie weiter auf dem Laufenden halten.

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Auswirkungen je nach Partner und Land sehr unterschiedlich sind. Auch was die Verfügbarkeit von Rohwaren wie Kaffee oder Kakao angeht, sind wir in engem Austausch – denn durch das regelmäßige Bestellen von fair produzierter Rohware können wir gemeinsam Absatz und Einkommen der Partnerorganisationen aufrecht erhalten. Auch wenn es in Einzelfällen zu Ausfällen kommt, gehen wir im Moment davon aus, dass Sie Ihren Lieblingskaffee  weiterhin bei uns finden werden. Auch und gerade jetzt gelten natürlich unsere Prinzipien des partnerschaftlichen Handels.

Gerade jetzt in der Krise benötigen die Kaffeeproduzent*innen die Stabilität und die Partnerschaft des Fairen Handels. Machen Sie mit! Wie Sie auch jetzt fair einkaufen können, zeigt die Aktion #fairsorgung - mehr erfahren.

Wer unsere Handelspartner im globalen Süden zusätzlich zum Fairen Handel mit einer Spende unterstützen möchte, findet alle Infos hier.

Kein soziales Sicherungssystem

Die Mehrheit der Bevölkerung lebt von dem, was sie am Tag verdient.Kleber Cruz Garcia

Kleber Cruz Garcia, selbst Peruaner: „Die Volkswirtschaften von Mexiko, Honduras, Peru und Guatemala sind zu 60 bis 80 Prozent informell: Die Mehrheit der Bevölkerung lebt von dem, was sie am Tag verdient. Die staatlichen Hilfen sind nicht ausreichend, um noch weitere zwei Wochen durchzuhalten. Sie haben kein soziales Sicherungssystem. Das ist der Grund, warum Mexiko eine ganz andere Strategie zur Eindämmung des Corona-Virus verfolgt, nämlich das Verbreitungsgebiet abzuriegeln, aus den Erfahrungen der Schweinegrippe zu lernen und die Wirtschaft nicht lahmzulegen. Allerdings sind alle öffentlichen Veranstaltungen gestrichen, die Schulen  bleiben geschlossen, Vorkehrungen für soziale Distanz sind getroffen worden, die Bevölkerung ist verunsichert.

In Guatemala hat der Präsident eine Ausgangssperre ab Sonntag, 22. März verhängt (jeweils bis vier Uhr nachts). Niemand darf während der Ausgangssperre umherlaufen, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Die meisten Aufbereitungsanlagen und Kaffee-Exporteure arbeiten im Schichtbetrieb und reduzieren die Arbeitszeiten. Die Häfen arbeiten bis 14 Uhr. Die Nachfrage nach Transporten bleibt stark; es sieht aber so aus, als ob es im April einen Rückgang der Transporte geben wird. Guatemala hat seine Grenzen geschlossen."

 

Ausgangssperren erschweren den Export

„In Honduras wurde die Ausgangssperre bis zum 12. April verlängert. Einigen Firmen haben eine Sondergenehmigung beantragt und erhalten, damit die Betriebe weiter arbeiten dürfen – aber diese Genehmigungen kosten viel Geld. RAOS beispielweise hat die Belegschaft zum großen Teil nach Hause geschickt, sie arbeiten mit fünf Prozent der Kapazität. In einigen Fällen dürfen nur 20 Mitarbeiter beschäftigt werden. Es gibt Straßensperren auf den Straßen, die zum Hafen führen, und die ersten sozialen Umwälzungen haben bereits begonnen. Die Grenzen bleiben geschlossen, und die meisten Postämter, Zollbehörden und Regierungsstellen werden geschlossen und/oder umorganisiert."

Nicaragua: Für die Regierung scheint das Virus nicht zu existieren

„In Nicaragua glaubt Ortega dass das Corona-Virus Sandinist ist. Für ihn und seine Regierung scheint das Virus nicht zu existieren: Er organisiert weiterhin Demonstrationen mit seinen Anhängern und es gibt keine gesundheitlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation. Nur die Genossenschaften und die Zivilgesellschaft haben sich organisiert, um Vorkehrungen gegen das Virus zu treffen. Einige Leute arbeiten von zu Hause aus; die Häfen arbeiten normal. Es werden keine größeren Verzögerungen erwartet."

Peru: Corona zu Anfang der Kaffee-Ernte

„Die Peruaner haben großes Pech, dass sie sich am Anfang der Kaffee-Ernte und mitten in der Corona-Krise befinden. Das Land ist abgesperrt, aber Piura (Sitz unserer Partnergenossenschaft Norandino) ist eine einzige Party: Die Leute halten sich weder an die Quarantäne noch an die Ausgangssperre. Nun hat die Regierung die Ausgangssperre erweitert von 16 bis 5 Uhr (vorher 20 bis 5 Uhr). Die Quarantäne und der Ausnahmezustand gelten bis zum 12. April . Viele Leute sagen, dass sie verlängert wird (inzwischen verlängert bis 26. April). Armeereservisten wurden einberufen, und es wurde ein Gesetz für Militär- und Polizeibeamte verabschiedet, das den Beamten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit Immunität garantiert, selbst wenn sie Zivilisten Schaden zufügen."

Erste Ausschreitungen in Honduras

Unsere Leiterin für Grundsatz und Politik, Andrea Fütterer, war bis Ende März bei Partnern in Honduras zu Besuch und kann den Ernst der Lage aus eigener Beobachtung nur bestätigen: „Hier in Honduras gibt es bereits die ersten Ausschreitungen, kleine Straßenblockaden und bisher anscheinend noch verbale Scharmützel mit der Polizei, die die Ausgangssperre kontrolliert. Ich habe das im Fernsehen gesehen, es waren kleine Straßenhändler, und die Aussage war: 'Wenn wir heute nichts verkaufen dürfen, haben wir keine Einnahme und können nichts zu essen für die Familie kaufen!'“

Das sagen unsere Kaffee-Partner zur Corona-Krise

SOPPEXCCA (Nicaragua)

Wir solidarisieren uns mit den Menschen in Deutschland.Fatima Ismael

Fatima Ismael, Geschäftsführerin:

„Das Personal ergreift alle sanitären Maßnahmen und wir haben flüssige Seife und Alkoholgel in allen Arbeitsräumen verfügbar. Auch haben wir interne Sitzungen mit mehr als zwanzig Personen ausgesetzt. Wir halten uns an die Anweisungen des Gesundheitsministeriums. Ein Arzt führt Gespräche mit dem gesamten Personal. Dies dient alles der Prävention, da kein positiver Fall offiziell gemacht wurde. Auch haben wir für den Verkostungsbereich neue Vorschriften zur Nutzung der Löffelspülbehälter. Zum Glück sind unsere Büros gut gelüftet und hell.

Wir werden mit den Bauern Gespräche führen und ihnen Empfehlungen des Gesundheitsministeriums weiterleiten; was die Transporte angeht, legen alle Versender ein in Bezug auf die von uns durchgeführten Transporte ein astreines Protokoll vor. Außerdem gelten alle notwendigen Vorsichtsmaßnehmen wie das Tragen von Masken und Handschuhen.

Über all dieses sind wir äußerst besorgt: Wir werden eine starke Rezession der Weltwirtschaft erleben und wir, die wir schon jetzt am Boden sind, können uns vorstellen, was auf uns als Land zukommt. Wir sind nur noch wenige Stunden oder Tage davon entfernt, positive Fälle im Land zu haben.

Soppexcca hatte schon immer den Ausschuss für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und kommuniziert täglich. Was wir nicht mehr beschaffen können, sind Masken, Alkohol und Flüssigseife. Morgen fahre ich nach Managua, weil ein Freund von mir Schutzmedikamente hat, denn wir sind der Meinung, dass diese Gesundheitskrise lange dauern wird.

Aber auch aus der Entfernung solidarisieren wir uns mit den Menschen in Deutschland.“

COASSAN (Nicaragua)

Wir sind in ständigem Austausch, um zu erkennen, wer Unterstützung braucht.Álvaro Rodriguez

Álvaro Rodriguez, externer Berater:

„Ganz allgemein gesagt, ist es bei uns noch nicht so kritisch. Unser gesunder Menschenverstand und unsere Erfahrung sagen uns aber, dass man in unserem Land viel geheim und absolut dicht hält, was die genaue Zahl der Ansteckungen betrifft.

Es gibt starke Anzeichen von Atemwegserkrankungen bei einigen älteren Mitgliedern und Verwandten, die Probleme mit bereits bekannten Lungenentzündungen und chronischen Allergien haben, die mit plötzlichen Klimaveränderungen einhergehen. Aber das bekämpfen wir noch mit unseren eigenen Mitteln.

Wir berücksichtigen und erfüllen die internationalen Empfehlungen der WHO sehr gut – insbesondere haben wir Tätigkeiten ausgesetzt, die eine Personengruppe erfordern, wie Treffen oder Schulungen. Wir sind im ständigen Austausch mit jedem einzelnen Mitglied, um jeden Fall zu erkennen, der eine sofortige Unterstützung der Genossenschaft in Bezug auf Mobilisierung, finanzielle Mittel, soziale Unterstützung usw. verdient.

Bei der konkreten Ernte rechnen wir momentan nicht mit Auswirkungen. Wir sind dabei, die restlichen Kaffee-Exporte an die GEPA zu verkaufen, um Zahlungen an die Partner zu leisten und die Vorbereitung auf den neuen Anbauzyklus fortzusetzen.

Wir vertrauen darauf, dass Gott uns helfen wird vorwärts zu kommen und uns vor einer noch größeren Krise zu schützen, als die, in der wir bereits leben – ohne dass das Virus die Situation verschlimmert. Was wir als größte Beschränkung empfinden, ist die Beschaffung von Finanzmitteln, um den größten Teil des Finanzierungsbedarfs der Mitarbeiter decken zu können.“

FEDCAFÉ (Mexiko)

Wir sind angehalten, zu Hause zu bleiben, aber viele sind angewiesen auf das Einkommen.Hugo Roblero

Hugo Roblero, Geschäftsführer:

„Auch in Mexiko sind einige Vorgänge zum Stillstand gekommen. In unserem Team nehmen wir das gelassen, aber natürlich befolgen wir weiter die Empfehlungen der Behörden, die Arbeitsbereiche sauber zu halten, uns häufig die Hände zu waschen, uns bei der Begrüßung weder zu küssen noch die Hände zu schütteln, einen Mundschutz zu tragen – besonders jene, die eine Art Grippe haben – Mitarbeiter mit zusätzlichen Krankheiten abzuschirmen oder zu bitten, von zu Hause aus zu arbeiten, um das Risiko einer Ansteckung zu minimieren.

Wir haben die Anzahl der Sitzungen reduziert; wir schauen, dass wir einen Wagen für das Büropersonal zur Verfügung stellen, damit sie in Kleingruppen nach Hause fahren können, um so Kontakte in öffentlichen Verkehrsmitteln zu reduzieren.

Es ist sehr kompliziert, weil wir angehalten werden, zu Hause zu bleiben, aber viele sind angewiesen auf das tägliche Einkommen. Wir haben dem Personal mitgeteilt, dass die Auslieferungen nicht gestoppt werden sollen. Wir versuchen, die Hygienemaßnahmen aufrechtzuerhalten, um Ansteckungen zu vermeiden. Wir hoffen, dass sich die Lage bald verbessert und sich alles wieder normalisiert.“

Kagera Cooperative Union, KCU (Tansania)

Viele Farmer werden in Konkurs gehen.Josephat Sylvand

Josephat Sylvand, Exportmanager und Verantwortlicher für Qualitätssicherung:


„Natürlich hat die Pandemie negative Auswirkungen. Der Kaffeeabsatz ist zurückgegangen. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren im gleichen Zeitraum wurden im Monat März nur wenige Kaffeeverkäufe getätigt. Dies wird sich offensichtlich auf den Geldfluss von KCU auswirken.

Da KCU den Saisonstart verzögern wird, werden viele Farmer in Konkurs gehen, da sie ihren Kaffee Anfang Mai eines jeden Jahres verkaufen wollen, aber für dieses Jahr scheint es keine Hoffnung dafür zu geben. Schlimm genug, dass die Schulen und Colleges im März geschlossen wurden. Deshalb sind alle Bauernkinder zu Hause; automatisch sind die Familienausgaben höher, als wenn die Kinder zur Schule gingen. Daher wird die wirtschaftliche Situation der Bauern schrecklich sein, wenn die Corona-Epedemie nicht bald aufhört.

Verschiebung wichtiger Termine und Reisen: In Tansania sollte beispielsweise am 26. März eine Kaffeekonferenz stattfinden, die bis auf weiteres verschoben wurde. Diese Konferenz ist aber wichtig, weil sie eine Plattform ist, auf der die Interessenvertreter über das weitere Vorgehen im Land entscheiden können. Beispielsweise muss entschieden werden, wie das Kaffeemarketing-System aussehen soll.

Wie Sie vielleicht wissen, wurde die 'World of Coffee' (COF) in Polen vom 20. Juni auf den 20. Oktober verschoben."

ACPC PICHANAKI (Peru)

Wenn zum Dengue-Fieber jetzt noch Corona hinzukommt, wird es für uns kompliziert.Pedro Rodriguez

Pedro Rodriguez, Geschäftsführer:

„Es gibt zwar Corona-Fälle in mehreren Orten Perus, bei uns in Pichanaki gibt es aber noch keinen Erkrankten. Dennoch machen wir uns Sorgen. Auf lokaler Ebene wurden soziale Veranstaltungen aller Art verboten. Die Gesundheitssysteme sind sehr prekär, da wir nicht nur dieses Problem haben, sondern sehr viele Fälle von Dengue-Fieber. Viele Menschen sind an Dengue verstorben, was uns einen Hinweis darauf gibt, dass das Gesundheitssystem sehr viele Schwächen hat. Und wenn jetzt noch das Corona-Virus für uns dazukommt, wird es kompliziert. Es gibt viele Informationen, die die Kooperative unter ihren Mitgliedern wiederholt verbreitet, beispielsweise Hände waschen und/oder das Gesundheitszentrum in der Gemeinde über alle Symptome informieren, die bei einer Grippe auftreten.“

José Olaya (Peru)

Mehr als über das Virus bin ich besorgt über die Wirtschaft der Familien auf dem Land.Leonid Herrera Paullo

Leonid Herrera Paullo, Geschäftsführer

„Die Informationen, die wir über das Corona-Virus in einigen Ländern Europas bekommen, sind sehr beunruhigend. Die Krankheit ist bei uns bereits angekommen, die Zahl der Infizierten ist in weniger als einer Woche auf 65 angestiegen. In Cuzco gibt es zwei Fälle und vielleicht werden es in den nächsten Tagen noch mehr.

Der Präsident hat das Land nach Hause in Quarantäne geschickt, erst mal für zwei Wochen. Die nationalen und internationalen Flüge sind gestrichen, die Grenzen sind dicht. Die Menschen nahmen die Krankheit am Anfang nicht ganz ernst, haben sich lustig darüber gemacht. Jetzt sind die Preise für Grundnahrungsmittel gestiegen und die Armen können sie nicht kaufen.

Es ist sehr traurig für all die Familien, die nur das Geld für den Tag haben, um Lebensmittel zu kaufen. Ich meine die Straßenverkäufer, die Essen oder Getränke oder andere Produkte auf den Straßen anbieten, sie müssen auf ihr tägliches Einkommen für zwei Wochen verzichten. In Peru ist es normal, die Verkäufer auf der Straße zu sehen. Ich war gestern in Cuzco, um meine Eltern und meine Familie zu besuchen. Nach der Ankündigung des Präsidenten musste ich um 23 Uhr nach Quillabamba zurückkehren, um die Arbeit in der Kooperative für die nächsten Tage zu organisieren.

Ich bin nicht so besorgt über das Virus, denn die Krankheit wird durch diese Maßnahmen etwas abgemildert. Was mich beunruhigt, ist die Wirtschaft der betroffenen Familien auf dem Land und die Tatsache, dass sie nicht gut versorgt sind und über diesen Aspekt wenig informiert wurden. Wir sind mit dem Vorstand aufs Land gefahren, um mit den Mitgliedern über das Problem zu reden: über die Pflege der Parzelle, über die Schädlinge, über die Krankheit und Kontamination und über die Einschränkungen, die dieses Virus mit sich bringen wird.

Wir versuchen, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass wir die Empfehlungen des Gesundheitsministeriums beachten müssen.

In Quillabamba sind 60 Prozent der Bevölkerung ältere Leute, sie gehören zur Risikogruppe, das macht uns Sorgen.“

Stand Ende 03/2020

WEITERE INFORMATIONEN

Alle Infos rund um die aktuelle Situation finden Sie auf
www.gepa.de/corona

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