Zur Onlineversion dieses Newsletters
Sauna Bund empfiehlt „Sichtkontrolle“ beim Saunabesuch
LSVD⁺ warnt vor trans*feindlichem Kulturkampf im US-Stil
Berlin, 07.01.2025. Zum Abschluss des vergangenen Jahres veröffentlichte der Deutsche Sauna Bund am 27.12.2024 einen Leitfaden und spricht darin Empfehlungen für Kontrollen beim Zugang für den Saunabesuch aus. Dabei wird unter anderem eine „Sichtkontrolle“ empfohlen und die Zutrittserlaubnis von den primären Geschlechtsmerkmalen einer Person abhängig gemacht. Begründet wird diese Empfehlung mit dem am 01.11.2024 in Kraft getretenen Selbstbestimmungsgesetz (SBGG). Der LSVD⁺ - Verband Queere Vielfalt kritisiert diesen Schritt und blickt mit Sorge auf eine Verschärfung der Debatte. Dazu erklärt Julia Monro:
Der Sauna Bund ist schon im Gesetzgebungsverfahren mit irritierenden Stellungnahmen aufgefallen. Trotz ausführlicher Klarstellungen in der Gesetzesbegründung wird hier eine Debatte angestachelt, die nur eine Spaltung zur Folge haben kann. Ein demokratisches Miteinander würde hingegen bedeuten, sich um Lösungen zu bemühen, wie allen Menschen in ihrer Vielfalt die Teilhabe für ein Angebot ermöglicht werden kann. Stattdessen wird eine Minderheit weiter ausgegrenzt, die sich ohnehin in vielen Lebenslagen immer wieder beweisen muss. Der Leitfaden stellt trans* Menschen unter einen Generalverdacht und zementiert Vorstellungen von Rollenbildern, wie Menschen geschlechtsspezifisch auszusehen haben. Diese Rollenbilder erfassen die gelebte gesellschaftliche Vielfalt nicht. Zudem ist es unklar, nach welchen Kriterien eine nicht-binäre Person am Erscheinungsbild identifiziert
werden soll. Der Leitfaden drängt Sauna-Personal und Besucher*innen in ein ethisches Dilemma und wird auch cis Personen treffen, die nicht den heteronormativen Vorstellungen des Personals entsprechen. Diese Probleme werden als Teil eines Kulturkampfes gezielt konstruiert, um Minderheiten die Schuld für gesellschaftliche Spaltung zu geben.
Mehr als 40 Jahre galt das Transsexuellengesetz (TSG) und der Sauna Bund sah sich zu keinem Zeitpunkt dazu veranlasst, derartige Zugangsregelungen einzuführen. Das Selbstbestimmungsgesetz hat nichts anderes zum Ergebnis als das TSG: ein neuer Vorname und ein neuer Geschlechtseintrag, die der Geschlechtsidentität entsprechen. Das SBGG verweist in solchen Fragen des Zutritts sehr deutlich auf bisher bestehende Regelungen und auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Einen Zusammenhang mit dem SBGG zu konstruieren und als verantwortliches Übel darzustellen, dient allein der Stimmungsmache.
Mit der Vorstellung des Leitfadens wird in Deutschland zum ersten Mal öffentlich ein Äquivalent zu den sogenannten „bathroom bills“ eingeführt, wie sie in den USA schon seit einigen Jahren politisch heiß diskutiert und zur Stimmungsmache genutzt werden. Bathroom Bills hatten 2015-2018 Hochkonjunktur, in den Jahren darauf waren es Regeln im Sport bis schließlich der Bereich Gesundheitsversorgung und Bildung politisch attackiert wurde. Allein 2024 wurden in den USA mehr als 600 Gesetze und Verordnungen zum Nachteil von trans* Personen eingebracht. Diese erste deutsche Bathroom Bill darf nicht zu einer politischen Hetzjagd gegen trans* Personen wie in den USA werden. Wir appellieren an Politik und Gesellschaft, der Verantwortung nachzukommen, Minderheiten zu schützen. Die steigende Anzahl an Hasskriminalität gegen queere Menschen zeigt, dass wir Schutz für
Minderheiten brauchen. Die Mehrheitsgesellschaft muss nicht vor trans* Menschen geschützt werden. Wir fordern Saunabetriebe und andere geschlechtsspezifische Einrichtungen dazu auf, mit einem deutlichen Zeichen der Vielfalt auf diese diskriminierende Regelung zu reagieren.
Weiterlesen:
---
Der LSVD⁺ – Verband Queere Vielfalt ist ein Bürgerrechtsverband und vertritt Interessen und Belange von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*- und intergeschlechtlichen sowie weiteren queeren Menschen (LSBTIQ*). Menschenrechte, Vielfalt und Respekt – wir wollen, dass LSBTIQ* als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität akzeptiert und anerkannt werden. Wir sind präsent in der Öffentlichkeit, den Medien und der Politik. Der LSVD⁺ nimmt Stellung und wird angehört, wenn die Belange von LSBTIQ* berührt sind: von der Bundesregierung, vom Bundestag und vom Bundesverfassungsgericht.
Mit Ihrer Spende und/oder Mitgliedschaft können Sie uns und unsere Arbeit für "Menschenrechte, Vielfalt und Respekt" unterstützen. Vielen Dank.
|